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Ökosystem Edersee.

IG Edersee / Ökosystem Edersee

Ökosystem Edersee

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Das Ökosystem Edersee

Das Ökosystem Edersee ist sehr komplex. Entgegen  dem System eines abgeschlossenen Standgewässers, ist der Edersee ein nach oben offenes und zum Teil auch nach unten offenes System. Der Edersee unterliegt zudem einen von Menschenhand gesteuerten Wasserregime, sowie in der Wasserabgabe und dadurch auch in der Einstauhöhe. Diese Komplexität stellt für die Kontrolle und vor allem für die Steuerung des Fischbestandes eine Herausforderung da. Aufgabe der IG Edersee ist es den Fischbestand in Größe und Zusammensetzung zu beobachten (Monitoring Programm) und daraus die notwendigen Empfehlungen für das Fischereiliche Management zu entwerfen. Hierfür ist es erforderlich die Zusammenhänge des Ökosystems zu erkennen, zu verstehen und zu dokumentieren.

Nährstoffeintrag

Das Ökosystem Edersee ist abhängig vom Nährstoffeintrag. Der Nährstoffeintrag erfolgt überwiegend über den Zufluss der Eder. Zum kleineren Teil aus den Zuflüssen und Bächen, so wie über die Umgebung (z.B. Luft).

Die Nährstoffe stammen aus den Kläranlagen des Einzugsgebietes der Eder und der Nebengewässer. Weiterhin spielen diffuse Einträge aus Abschwemmungen und Austragungen von Düngemitteln landwirtschaftlich genutzter Flächen und Kleingärten eine wesentliche Rolle.

Für den Eintrag der Nährstoffmenge in den Edersee stellt das Befüllungsszenario eine wesentliche Rolle. D.h. für den jährlichen Nährstoffeintrag spielt es eine Rolle ob und wann die Schneeschmelze zur Befüllung des Sees eintritt, oder ob starke Niederschlagsereignisse eintreten. Hier spielen auch die Hochwasserentlastungen der Kläranlagen eine Rolle.

Die für das Wachstum der Wasserpflanzen wichtigsten Nährstoffe sind Kohlenstoff, Stickstoff und Phosphor. Der Stickstoff ist vor allem als Baustoff von Eiweißen ein wichtiger Bestandteil der lebenden Substanz. Den Phosphorverbindungen kommt eine besondere Bedeutung zu. In natürlichen Gewässern findet man Phosphor von Natur aus meist nur in niedrigen Konzentrationen. Derjenige Nährstoff der in geringster Menge vorhanden ist, begrenzt das Pflanzenwachstum (Liebig´s Gesetz des Minimums). Der am häufigsten produktionsbegrenzende Nährstoff im Gewässer ist der Phosphor, weil das Verhältnis seiner Verfügbarkeit zu der von den Pflanzen benötigten Menge sehr ungünstig ist. Phosphor ist im Organismus in geringerer Menge vorhanden, hat aber eine sehr große Bedeutung. Phosphorhaltige Verbindungen sind am Energiestoffwechsel, am Aufbau der Erbsubstanz und an der Synthese von Eiweißen maßgeblich beteiligt. Damit haben Phosphor bzw. Phosphatverbindungen eine Schlüsselstellung für das Wachstum der Biomasse. Einerseits ist ohne Phosphor kein Leben möglich, andererseits kann es jedoch bereits durch eine geringe Erhöhung des Phosphorgehaltes zu einer beachtlichen Steigerung der Pflanzenproduktion kommen (Phosphor als Minimumfaktor, Düngeeffekt). Je mehr Nährstoffe in einem Gewässer vorhanden sind, desto größer ist das Pflanzenwachstum. Die durch menschliche Einwirkung an Gewässern hervorgerufen Nährstoffanreicherung mit Phosphor- und Stickstoffverbindungen wird als Eutrophierung (Überdüngung) bezeichnet.

Der Grad der Trophierung eines Gewässers ist in den Trophiestufen festgelegt. Diese werden von Oligotroph(sehr nährstoffarm), mesotroph (mäßig nährstoffarm), eutroph(nährstoffreich)  polyeutroph(Nährstoffüberschuss)  und hypereutroph (extremer Nährstoffüberschuss) eingeteilt.

Der Edersee gilt zurzeit im oberen Teil des Sees als eutroph und im unteren Teil des Sees als mesotroph.

Will man die vorhandene Eutrophierung am Edersee und ihre negative Einwirkung auf den Sauerstoffhaushalt und den Auftreten von Algen (Blaualgen) bekämpfen, so muss vor allem die Verringerung der Phosphorbelastung erzielt werden. Unter natürlichen Verhältnissen ist Phosphor der Nährstoff, der als limitierender Faktor wirkt. Kläranlagen mit weitergehender Reinigung (dritte Reinigungsstufen) und Phosphorelimination können die Nährstoffbelastung der Gewässer erheblich verringern. Weiterhin kann durch den Erhaltung bzw. Ausbau von Uferschonstreifen (keine Landwirtschaftliche Nutzung) der Eintrag von Nährstoffen reduziert werden.

Nährstoffumsetzung

Durch den hohen Nährstoffeintrag in den Edersee wird ein starkes Pflanzenwachstum (Algen) ausgelöst und sehr viel Biomasse (Organisches Material) produziert. Wenn diese Algen absterben werden sie von Mikroorganismen (Bakterien) zersetzt. Dieser Abbau verbraucht Sauerstoff.

Bei starker Algenvermehrung kann es tagsüber zu einem Sauerstoffüberschuss (Sauerstoffsättigung über 100 %) und einem Anstieg des ph-Wertes kommen. Nach dem Absterben der Algen werden durch Zersetzungsvorgänge erhebliche Mengen Sauerstoff verbraucht, bis für einen aeroben Abbau nicht mehr genügend Sauerstoff zur Verfügung steht.

Verschärft wird dieser Prozess noch durch die Temperatur. In warmem Wasser löst sich weniger Sauerstoff, als im kalten Wasser, d.h. das Sauerstoffangebot ist allein aus physikalischen Gründen geringer.  Zum anderen wird bei einer Temperaturerhöhung von 10 °C die Produktion von organischer Substanz in der gleichen Zeit verdoppelt bis verdreifacht (vorausgesetzt es sind genügend Nährstoffe vorhanden).

Durch die hohe Algenentwicklung wird das Wasser eingetrübt und das Sonnenlicht kann nicht so tief eindringen. Die Folge ist, dass im Wasserkörper selbst weniger Sauerstoff produziert werden kann. Da die Sauerstoffproduktion lediglich in Oberflächennähe stattfindet, mikrobieller Zersetzung jedoch in tieferen Wasserschichten, sinkt der Sauerstoffgehalt dort zunächst ab. Diese Sauerstoffzerrung steigt im Gewässer immer weiter nach oben und kann im Extremfall  zu Fischsterben führen. Ein solches Fischsterben ist jedoch schon seit langen nicht mehr aufgetreten. Letztmalig war dies 1973 zu verzeichnen.

Da der Edersee zur Wasserregulierung der Weser bzw. des Mittellandkanals dient, wird im Sommer regelmäßig Wasser aus der Talsperre abgegeben. Diese Wasserabgabe erfolgt durch die Grundablässe. Dadurch wird diese sauerstoffarme bzw. sauerstofffreie Wasserschicht dem See entzogen. Dies hat eine positive Wirkung auf das Ökosystem Edersee, jedoch eine negative Wirkung auf den nachfolgenden Affolderner See und die untere Eder.

Solange bei den Abbauvorgängen genügend Sauerstoff zur Verfügung steht (aerobe Bedingungen), kann die organische Substanz bis in ihre anorganischen Ausgangsprodukte zersetzt und mineralisiert werden. Das heißt die Nährstoffe werden dem im Gewässerboden abgelagert und dauerhaft gebunden.

Steht nicht genügend Sauerstoff zur Verfügung (anaerobe Bedingungen), endet der Abbau bei Zwischenprodukten, es kommt zur Bildung von Methan(CH4), Schwefelwasserstoff (H2S), und Ammoniak (NH3) die toxisch wirken. Zusätzlich können bereits im Gewässerboden eingelagerte Nährstoffe wieder gelöst werden und zu einer weiteren Erhöhung des Nährstoffgehaltes des Gewässers führen.

Grafik Nährstoffumsatz 3

Grafik Nährstoffumsatz

Sichttiefen und Klarwasserstadien

Im Edersee zeigt sich im Frühjahr eine deutliche Wassertrübung. Hervorgerufen wird durch diese Wassertrübung durch die hohe Dichte von Planktonalgen. Charakteristisch für diese sogenannte Frühjahrsblüte sind ausgesprochen kleine Algenformen.

Meist ist nach kurzer Zeit eine deutliche Zunahme der Sichttiefe zu verzeichnen, wie sie sonst nur in den Wintermonaten zu verzeichnen ist. Dies ist ein sichtbares Zeichen dafür, dass die Algenbiomasse des Frühjahrsmaximums zusammengebrochen ist. Dies geschieht zumeist Anfang Juni. Es können dann Sichttiefen von über 10 m auftreten. Auf das Frühjahrsmaximum des Algenplanktons (Phytoplankton) folgt eine maximale Dichte von tierischen Plankton (Zooplankton) und zwar überwiegen von großen Formen. Phyto- und Zooplankton stehen in einer engen Räuber-Beute-Beziehung zueinander. Die Planktonalgen werden von dem Zooplankton, in der Regel Daphnien (Wasserflöhe)und Hüpferlinge intensiv weggefressen bzw. abfiltriert. Dieses wegfressen des Phytoplanktons durch das Zooplankton wird als „grazing“ bezeichnet.

Die Bedingungen für die Algen sind in diesem Zeitraum optimal. In der Regel erhöht sich die Nährstoffkonzentration durch die Fraßaktivität des Zooplanktons, die günstige Sonneneinstrahlung und Tageslichtlänge, sowie Jahresmaxima der Photosynthese. Diese Klarwasserphase dauert jedoch nur einige Wochen. Nach dem Höhepunkt des Klarwasserstadiums, wenn also die Futteralgen im starken Umfang abfiltriert wurden, sinkt wiederum die Wachstumsrate des Zooplanktons, so dass deren Dichte abnimmt. Nun wird eine Algenentwicklung – jedoch von anderen Algenarten – wieder möglich, wobei im Sommer nichtfressbare Großalgen dominieren. Deren Entwicklung wird primär nicht durch grazing, sondern durch Nährstoff- und Lichtkonkurrenz gesteuert. Diese Großalgen sterben in der Regel nach einigen Wochen ab und werden durch Bakterien zersetzt.

Ein Zeichen für die Zersetzung von Algen, ist der öfters am Edersee vorzufindende Schaum am Ufer. Dieser resultiert aus der Zersetzung von Algen und die mechanische Zerschlagung von Eiweißstoffen durch Wellenschlag am Ufer.

Algenschaum am Ufer

Algenschaum am Ufer

 

Blaualgen (Toxische Cyanobakterien)

Durch den hohen Nährstoffeintrag kann es in den Sommermonaten am Edersee zu Blaualgenblüten kommen. Blaualgen können auch ohne eine ausgeprägte Massenentwicklung im Freiwasser in Abhängigkeit von Windrichtung und –stärke an Badestränden und Buchten für Stunden oder gar Tagen zusammengetrieben werden und sich dadurch extrem anreichern. Das Auftreten von Blaualgen und der ihr massenhaftes Auftreten fördernde Faktoren sind sehr variabel und nur schwer hervorzusagen. Oft werden die Blaualgen ans Ufer gespült und fallen bei fallenden Wasserständen trocken und zersetzen sich dann dort.

Blaualgen 5.09.12 Edersee Albert-Schweizer-Lager (4)

Blaualgen am Edersee

 

Blaualgen können giftig sein. Der Kontakt mit Haut und die orale Aufnahme können zu verschiedenen Beschwerden wie z.B. Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Hautreizungen und Quaddeln führen. Die Wirkung kann sich steigern, wenn mehrere Tage hintereinander Blaualgenhaltiges Wasser aufgenommen wird. Daher sollte ein Kontakt vermieden werden.

Kieselalgen

Am Edersee treten regelmäßig auch Kieselalgen auf. Kieselalgen werden auch Diatomeen genannt und sind einzellige Algen. Diese bilden einen bräunlichen zum Teil schmierigen Belag auf dem Bodengrund, auf Felsen und Pflanzen. Aufgrund der Photosynthese der Kieselalgen ist der Belag oft mit Sauerstoffblasen durchsetzt. Wegen ihrer Farbe werden sie oft als Braunalgen bezeichnet. Dieser Name ist jedoch falsch, da Braunalgen fast nur im Meer leben. Nur wenige und seltene Arten leben im Süßwasser.

Am Edersee sind bei fallendem Wasserstand, die trockengefallen Kieselalgen deutlich sichtbar. Sie sind als heller bzw. weißer Streifen an Felswänden und Steinen erkennbar.

KIeselalgenablagerung

Kieselalgenablagerung

Temperaturschichtung

Im ausgehenden Frühjahr ist das Wasser fast gleichmäßig erwärmt. In der Regel sind nur geringe Temperaturunterschiede in der Wassersäule zu verzeichnen.

Im Edersee entwickelt sich im Laufe des Jahres dann eine Temperaturschichtung. Grund hierfür ist die Anomalie des Wassers, das seine größte Dichte bei ca. 4 °C, d.h. es ist spezifisch schwerer als wärmeres, aber auch kälteres Wasser. Da im Sommer das Wasser von der Oberfläche her durch die Sonneneinstrahlung erwärmt wird, entstehen im See Wassermassen mit unterschiedlicher Temperatur und Dichte. Das wärmere Oberflächennahe Wasser ist speifisch leichter als das kältere Tiefenwasser. Es gelingt dem Wind nicht mehr, den Widerstand gegen das spezifisch schwere, kühle Tiefenwasser zu überwinden. Eine Durchmischung erfolgt nur noch innerhalb der oberen Wasserschichten (Epilimnion). Darunter bildet sich eine schmale Wasserschichtung, in der die Temperatur sprunghaft abfällt, die sog. Sprungschicht (Metalimnion). Im Laufe des Sommers kann sich bei zunehmender Erwärmung des Epilimnions, diese immer weiter nach unten.  In der Tiefe befindet sich schließlich die kühle, unbewegte Wasserschicht (Hypolimnion), die von jeder Durchmischung ausgeschlossen ist. Diese Schichtung kann bis in den Herbst hinein stabil bleiben. Jedoch erfolgt am Edersee die Wasserabgabe über die Grundablässe. Aus diesem Grund wird das Hypolimnion beständig verringert. Es kann bei niedrigen Wasserständen im Sommer bzw. Herbst vorkommen, dass das Hypolimnion vollständig abgelassen wird, so dass keine Schichtung mehr vorhanden ist.

Grundsätzlich wird die Schichtung im Herbst wieder abgebaut, da sich bei kälteren Nächten das Oberflächenwasser abkühlt und sich dann der Wasserkörper wieder vollständig durchmischt (Herbstzirkulation).

Wasserstand

Wie bereits in der Einleitung beschrieben unterliegt der Edersee einem von Menschenhand gesteuerten Wasserregime. Dies ist jedoch nicht grundsätzlich negativ zu sehen. Der Wasserstand simuliert im Prinzip die natürlichen Verhältnisse eines typischen Auegewässers. Im Frühjahr nach der Schneeschmelze wird der See angestaut. Die im Herbst und Winter trocken liegenden Flächen werden dabei überflutet. Diese Flächen besitzen eine ausgedehnte Pflanzenteppich deren einzelne Arten meist nur in Auenlandschaften anzutreffen sind. Auf diesen überstauten Flächen können dann viele Fischarten optimal ablaichen. Der Edersee hat durch diese Besonderheit,  das größte Laichgebiet für den Hecht in Hessen. Weiterhin kann sich auf diesen pflanzenreichen Flachwasserzonen optimal Zooplankton entwickeln und dient dann den Fischlarven und Jungfischen als lebensnotwendige Nahrungsgrundlage. Weiterhin bieten die Pflanzen den Jungfischen wichtigen Schutz vor Fressfeinden. Im Laufe des Sommers fallen dann diese Zonen trocken, was zur Folge hat, dass die Jungfische ihre Deckung verlieren. Hierdurch haben dann wiederum die Raubfische große Vorteile, da ihnen nun diese Jungfische schutzlos ausgeliefert sind. Nur hierdurch, kann der Edersee seinen hohen Bestand an Raubfischen halten.

 

 

 

 

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